Realität. "Wig & Chuck", Folge 48

The First Cut Is The Deepest.

Finis coronat opus. Wirklich letzter Drehtag.

Am Ende geht es dann ganz schnell. Tagelang haben wir in einem un-rilkehaften Spätherbst auf Sonne gewartet. Wie Buchheims Uboot-Besatzung haben wir die Zeit totgeschlagen und unsere Bärte beim Wachsen beobachtet. Als Helios wider Erwarten doch noch eine letzte Runde dreht, ist es plötzlich soweit: Die letzte Klappe. Von dem einstmals fünfzig Mann starken Team, das in den goldenen Oktoberwochen am Abensberger Stadtplatz stand, sind nur Martin und ich neben dem kleinen Hangar des Landshuter Flugplatzes. Ein bißchen Melodram ist es dann trotzdem. Ilsa (herzzerreißend verkörpert von Martin Niklas) steigt ins Flugzeug, und der melancholische Rick (gewohnt solide Performance von Konstantin Ferstl) bleibt in Casablanca zurück. Ich fahre nach Hause und höre Bogey in mir wispern. We'll always have Abensberg. And Hienheim. Es ist Sonntag, der 4. November. It is over. At least for a while...

Berge, Meere und Giganten




"Den 20. Jänner ging Lenz durchs Gebirg. Die Gipfel und hohen Bergflächen im Schnee, die Täler hinunter graues Gestein, grüne Flächen, Felsen und Tannen."
Menschenalter nach Büchners Prosa schickte sich das Mountain Unit von TwJ an, die "Tibet-Einstellung" aus dem Drehbuch einzufangen.
Für diese heikle Mission wurden die beiden renommierten Bergfilmer Gordon Bleu und Chuck Boris aus dem Shangri-La eingeflogen und auf einen österreichischen Gletscher verfrachtet.
Mit der Kunst des Schneekettenanlegens in diesen Breiten nicht vertraut, quälte sich die Expedition mühsam die steile Flanke des Großglockner herauf, um in der winterlichen k&k-Nebelsuppn einen Blick auf das sturmumtoste Haupt des steinernen Riesen zu erhaschen.
Ein österreichischer Aphoristiker (une nebenberuflicher Tankwart) gab ihnen zuletzt noch die allumfassende Weisheit "Des is leichter wia a Watschn" mit auf den Weg. Von da an verliert sich ihre Geschichte im Nebel, und soll ein andermal erzählt werden...


Who knows where the time goes? Letzter Drehtag.

Der König kommt. Siebter Drehtag.

Wegwarten. Was wir danach taten.

Nachdem die ermatteten Damen und Herren tagelang am Kickertisch taktisch geschult worden waren, stand endlich THE REAL THING auf dem Programm: In der mitternächtlichen Ruhe des Quartiers rief ein joviales "Guten Abend allerseits" zum sportlichen Kräftemessen. In einer bereits jetzt schon legendären Fußball-Nacht, die an Filigranität in etwa auf einer Stufe mit der Wasserschlacht von Frankfurt 1974 steht, rangen die aufrechten Helden um Bayerwald-Maradona und Szenenbildner Markus Dicklhuber die gegnerische Auswahl, die vom Mittelfeldmotor und Produzenten Benedikt Böllhoff aufs Spielfeld geführt wurden, nieder. Neben Ronaldinho Dicklhuber glänzte vor allem MVP Sebastian als feiner Techniker. Seine Berufung in den österreichischen EM-Kader gilt nach Rücksprache mit der Neuen Kronen Zeitung als sicher. Der unbescheidene Autor dieser Zeilen legte Torhüter und Tonmann Peter zwei sensationelle Dinger ins Netz. Riquelme selbst hätte es nicht besser machen können.

Zweidrittelmehrheit mit Knödel. Sechster Drehtag.

In all die herbstlich-romantischen Reminiszenzen der vergangenen Tage mischte sich nun schließlich jener "schwarze Tag" im September 2003, als die Landtagswahl in Bayern in den epochalen Stoiber-Sieg mündete. Schon in der Vorbereitung war es in diesem Zusammenhang zu schmerzhaften Erinnerungen gekommen, nämlich als ich im BR-Archiv stundenlanges Fernsehmaterial aus der Wahlnacht sichten musste. Und nun sollte also jene dramatische 18 Uhr-Prognose inszeniert werden, die, wie der staubtrockene Fernsehkommentator berichtet, das SPD-Lager "tatsächlich in Tränen ausbrechen" ließ. Quirinalis, Joker und Wursti wurden dem erbarmungslosen Triumphgeheul des "schwarzen Stammtisches" ausgesetzt, der, bis auf Digital-Sepp, aus lauter gestandenen Sozialdemokraten bestand. Eine charmante Fußnote. Auch wenn alles wunderbar klappte: Meine Vorfreude auf den folgenden Drehtag, der königlichen Besuch am Bahnhof versprach, war ebenso groß, wie die Erleichterung, dieses dunkle Kapitel abgeschlossen zu haben. Nach dem Dreh gab es noch eine kurze Motivbesichtigung am stillgelegten Thaldorfer-Bahnhof, wo Markus bereits fleißig am Vorbereiten war. Der nächtliche Rasenmäher am Bahnsteig sorgte dann für einen versöhnlichen Ausklang der politischen Zeitreise dieses Tages.

Leichter wia a Watschn. "Wig & Chuck", Folge 23

Die Wahrheit im Morgenlicht. Fünfter Drehtag.




Ruhe vor dem Sturm.

Von Piraten und Grazien. Dritter Drehtag.

Zugegeben: Ein bißchen nervös war ich schon, als wir im Morgennebel an der Fähre standen. Nicht so sehr wegen der üblichen Verspätung, mit der wir begannen. Aber angesichts der Tatsache, dass meine beiden Lieblingsszenen an einem Tag auf dem Programm standen, war ein wenig Anspannung schon nachvollziehbar.
Und dann standen wir auch noch an der Donaufähre, unweit der Stelle, an der, wie der traurige Sänger kündet, vor Zeiten die dumpfen Nibelungen auf ihrer Reise gen Süden die Donau überquerten. Was für ein Omen. Doch vom anderen Ufer nahte Erlösung für meine trüben Gedanken: Markus kam mit dem Schweinchenmobil und setzte standesgemäß mit der Fähre über. Und als dann die Sau majestätisch im Morgennebel über die Wellen der Donau einschwebte, waren auch meine letzten Gedanken an den Schlachtermeister Hagen von Tronje verflogen, und ich konnte Lookie guten Gewissens auf seine müde-heroische Überfahrt schicken. Martin gleitet sanft über die Schienen und ich weiß schon, was später meine Lieblingseinstellung im Film sein wird. Sacre bleu, Lieblingsszene, Lieblingslocation: Der Erwartungsdruck ist ja nicht gerade gering. Aber ich muss sogar meine kindliche Euphorie mit etwas Spezi hinunterspülen, so gut klappt alles. Die aufgehende Sonne vertreibt den Nebel und die letzten Zweifel, dass heute etwas schief gehen könnte.

Mittag. Wir fahren donauabwärts, nach Kelheim. Hinter uns quält sich das Schweinchenmobil in halsbrecherischer Fahrt die Serpentinen des Michelsberges hinunter zur Anlegestelle. Nach einem halben Spezi und einem phänomenalen Auflauf dann auch schon das große Finale: Der Kaperbrief für die Renate. Großer Bahnhof für die drei Piraten: Am Ufer steht eine Traube Menschen und sieht zu, wie die quirinalische Geltungssucht am Ende doch noch einen finalen Sonnenkuss auf die am Heck wehende Siegesfahne bekommt. Und am Ende der winkenden Grazien steht schließlich, wie bei "Fitzcarraldo", huldvoll winkend, eine Claudia Cardinale aus Abensberg, gegen deren Anmut eine mamorne Hebe von Antonio Canova wie eine Knetfigur aus dem Handarbeitsunterricht bei Frau Moser wirkt. Holy shit, I think I'm in love. Eifersüchtig nehme ich zur Kenntnis, dass sie nicht mir, sondern diesen drei Knalltüten auf dem Schiff winkt. Ich verdränge den Gedanken an das geladene Digital-Sepp-Gewehr im Requisiten-Sprinter, und nehme mir nur vor, am nächsten Drehtag besonders unfair zu ihnen zu sein.
Dann fährt das Schiff auch schon in die tief stehende Sonne und der Drehschluss fällt unbarmherzig über die Knabenträume her. Die Karawane pilgert zurück nach Abensberg. Hatte ich schon erwähnt, dass ich wirklich gerne Spezi trinke? Meine Versuche, die anderen ebenfalls abhängig zu machen, tragen die ersten Früchte. Mit Freude nehme ich zur Kenntnis, dass in der abendlichen Vorbereitungs- und Nachbereitungsrunde immer mehr brauner Lebenssaft anstelle der Bierflaschen tritt. Und das, obwohl morgen drehfrei ist! Muss mir vor dem Schlafengehen nochmal "You're all gonna break" anhören, und mir das Schiff vorstellen, wie es in den Sonnenuntergang fährt. Und einen Kübel neben das Bett stellen, damit all der Kitsch hineinlaufen kann...


Zigarren und Altweibersommer. Zweiter Drehtag.

Tag II auf der phantastischen Reise zur eigenen Vergangenheit. Am Vormittag stand ein mythenumrankter Ort auf dem Programm, der in pubertären Schülertagen etwa so viel Faszination ausübte, wie das heimische Ithaka auf den herumirrenden Odysseus: Der alte Tabakladen in Mainburg, ein Mekka für schulschwänzende Möchtegern-Hemingways, wo es in unserem franko-bajuwarischen Nonsens-Idiom aus Schulzeiten hieß: "Bräsel ma uns zum Sous-Montagner owe, i muas ma an sauban fume eineconduiren." Als wir vor dem Geschäft stehen muss ich feststellen, dass der alte Selbstschutz-Reflex, in jedem vorbeifahrenden Auto einen Lehrer zu vermuten, mit all den Jahren nicht unbedingt schwächer geworden ist. Als ich im Laden vor dem überbordenden Angebot stehe, sehe ich plötzlich den jungen Quirinalis im feinen Zwirn vor mir, als er aus dem Tanzkursball einen englischen Herrenclub macht. Ein leichtes Schuldgefühl durchläuft mich und ich nehme mir fest vor, der geschädigten Dame von damals eine Wiedergutmachung anzubieten. Dann drehen wir, unter anderem einen denkwürdigen Auftritt von Manuel, bei dem er einmal mehr beweist, dass Rülpsen Kopfsache ist. Mittags setzt sich der ganze Tross in Bewegung, Richtung Norden. Unser Ziel ist der Eichberg über Weltenburg. Gestern auf dem Dorfplatz und heute vormittag konnte uns wahrlich niemand beschuldigen, Postkartenmotive zu fotografieren. Aber heute ist das anders. Helios dreht eine goldene Oktoberrunde und es ist schwer, bei solchen Bedingungen an einem solchen Ort nicht in überbordende Euphorie zu verfallen. Wir proben lange, denn unser ehrgeiziges Ziel ist es, die ganze Szene in einer einzigen Einstellung zu drehen. Das verlangt beinahe so viel Choreographie wie ein Konzert der Backstreet Boys. Als Hindernisse erweisen sich die Mofa-Fahrkünste des jungen Herrn D., der mit der Eiger-Nordwandartigen Steigung des Eichbergs nicht zurechtkommt. Boris lässt sich unterdessen von einem Passanten ein König-Ludwig-meets-Nibelungen-Epos-Drehbuch pitchen. Wir drehen die Einstellung viermal, dann ist die Szene im Kasten. Zum Drehschluss gibt es die Reste aus dem Tabakladen. Der Wind raucht mit. Ich zähle die grauen Strähnen in meinem Haar und komme auf sieben. Dann gibt es Essen.

Jagdszenen in Niederbayern. Erster Drehtag.

















"Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne". Aber irgendwie geht dann alles doch etwas zu schnell. Da kann die feierliche Ehrfurcht am Vortag noch so groß gewesen sein. Und allzu viel Zauber kann auf dem doch sehr prosaischen Dorfplatz von Sittling ja auch nicht herumschwirren. Daran ändert auch der Morgennebel nichts, der dichter ist, als die Dämpfe im Orakel von Delphi. Apropos Orakel: Es bleibt rätselhaft, wieso an diesem ersten Morgen kein Spezi da ist. Ich habe da jemanden in Verdacht. Im Moment trägt er ein gschaftliges Headset und ich weiß, dass er für den braunen Lebenssaft töten würde. Werde der Sache unauffällig nachgehen. Und dann fällt die erste Klappe, von Martin im ehrwürdigen Ritual feierlich beschriftet. Schüsse durchdringen die morgendliche Stille und ich konzentriere meine Gedanken auf die armen, in die Enge getriebenen Protagonisten und vergesse die Abwesenheit des Spezis. Zumindest für eine kleine Weile...

Schlaflos im Hammertal. Das letzte Probenwochenende.


Der "Geist von Spiez" ist für nostalgische Fußballreporter und zweifelhafte Motivationsgurus gleichermaßen ein Topos. Um den "Geist von Essing" rankt sich ebenfalls ein Füllhorn an Legenden. An dieser Stelle kündet der müde Sänger nur von einigen wenigen, die überliefert sind. Nach ein paar wenig erfolgreichen Proben an der nächtlichen Befreiungshalle zogen wir uns in die Altmühltaler Klause des Essinger Naturfreundehauses zurück, um dort, wie eine aufgeriebene römische Legion die Wunden zu lecken und Kräfte zu sammeln. Die quirinalische Phalanx bezog das legendäre Unisex-Matratzenlager unterm Dach, mit seinen charmanten grün-weiß-karierten Decken. Nach einem frugalen Mahl begannen die Proben. Zunächst im Saal, später unterm Sternenzelt. In dieser kalten, klaren Nacht, zwischen Märschen über einsame Waldstraßen, Gesprächen, Improvisationen und immer wieder szenischen Proben, überschritten wir endlich den Rubikon. Die "Befreiungshallenszene", bislang für mich in etwa so zufriedenstellend wie die Schlacht von Actium für Marcus Antonius, begann endlich zu funktionieren. In der Essinger Herbstnacht machen sich die letzten Hemmungen der drei Gracchen endlich aus dem Staub (so wie die gute Kleo in besagter Schlacht von Actium). Noch in vielen Jahren werden sich die Mienen der Bewohner von Sausthal verdüstern, wenn sie an das nächtliche Gebrüll denken, das an jenem Oktoberwochenende die Stille in den Wäldern zerriss. Die sonntägliche Morgensonne auf den müden Gesichtern vertreibt die letzten Gedanken an eine Last-Minute-Flucht in irgendein insulanes Refugium. Die Würfel sind gefallen, es gibt keinen Weg zurück. Morgen kommt das Team. Die Reise hat begonnen.

Vereinstreffen Abensberg

Am gestrigen 24. September hatten wir unser Treffen mit den Vereinen der Umgebung. Mit großer Spannung warteten wir darauf, ob unser Aufruf bzw. der des Bürgermeisters auf Resonanz bei den örtlichen Vereinen stossen würde. Erfreulicherweise waren dann über 65% aller geladenen Gäste gekommen und lauschten den Informationen zum Projekt.
Ein überwiegender Großteil trug sich danach in unsere Kontaktlisten ein, so dass wir auf einen großen Trauerzug (250 - 400 Personen) am 4ten Drehtag hoffen können. Der Aufgeschlossenheit aller Gäste können wir nur danken!

Eining


Gut fünf Wochen vor Drehbeginn fand diese Motivbesichtigung statt, bei der neben der Befreiungshalle auch andere Drehorte angeschaut wurden. Hier die Fährstelle in Einig - für "Städter" ein wahres Erlebnis.

Über den Fluss und in die Wälder. Auf Motivsuche.

Überlandfahrt.

Heureka: Die drei Musketiere.