Schlaflos im Hammertal. Das letzte Probenwochenende.


Der "Geist von Spiez" ist für nostalgische Fußballreporter und zweifelhafte Motivationsgurus gleichermaßen ein Topos. Um den "Geist von Essing" rankt sich ebenfalls ein Füllhorn an Legenden. An dieser Stelle kündet der müde Sänger nur von einigen wenigen, die überliefert sind. Nach ein paar wenig erfolgreichen Proben an der nächtlichen Befreiungshalle zogen wir uns in die Altmühltaler Klause des Essinger Naturfreundehauses zurück, um dort, wie eine aufgeriebene römische Legion die Wunden zu lecken und Kräfte zu sammeln. Die quirinalische Phalanx bezog das legendäre Unisex-Matratzenlager unterm Dach, mit seinen charmanten grün-weiß-karierten Decken. Nach einem frugalen Mahl begannen die Proben. Zunächst im Saal, später unterm Sternenzelt. In dieser kalten, klaren Nacht, zwischen Märschen über einsame Waldstraßen, Gesprächen, Improvisationen und immer wieder szenischen Proben, überschritten wir endlich den Rubikon. Die "Befreiungshallenszene", bislang für mich in etwa so zufriedenstellend wie die Schlacht von Actium für Marcus Antonius, begann endlich zu funktionieren. In der Essinger Herbstnacht machen sich die letzten Hemmungen der drei Gracchen endlich aus dem Staub (so wie die gute Kleo in besagter Schlacht von Actium). Noch in vielen Jahren werden sich die Mienen der Bewohner von Sausthal verdüstern, wenn sie an das nächtliche Gebrüll denken, das an jenem Oktoberwochenende die Stille in den Wäldern zerriss. Die sonntägliche Morgensonne auf den müden Gesichtern vertreibt die letzten Gedanken an eine Last-Minute-Flucht in irgendein insulanes Refugium. Die Würfel sind gefallen, es gibt keinen Weg zurück. Morgen kommt das Team. Die Reise hat begonnen.

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