Quirinalis erobert Castra Regina. "Tage wie Jahre" in Regensburg.

Wo die Römer einst eine Mauer bauten: Castra Regina, die sechste Station auf unserer kleinen Reise mit "Tage wie Jahre" durch das Bayernlande. Und nicht irgendein Ort, nein! Das Ostentor-Kino, das allererste Mekka unserer jugendlichen Cineastenphase. Hoch lebe die Nostalgie! Links neben der Leinwand der verheißungsvolle Wegweiser hinter die Leinwand: Der Durchgang zur legendären "Kinokneipe". An diesem Ort hatten wir schon vor vielen Jahren unsere cineastischen Ausflüge in die Domstadt bei Drone Rock, Spezi und Tabak ausklingen lassen (Alex: P&S ("De schleichan si owe"), Tommy: Gauloises ("Wenns wehtut ists gut!") und ich: Gitanes ("Ich brauch den Dampf")). Nun also kein Eintritt für Jarmusch oder Bertolucci, nein: Freier Eintritt für "Tage wie Jahre", für die fabelhafte Reise der drei Gracchen auf der konkaven Leinwand. Ich hoffe, der finale Schrei von Quirinalis im Film bewahrheitet sich, und wir kommen tatsächlich wieder, den Langfilm im Gepäck...

Quirinalis und die Wurzeln. "Tage wie Jahre" in Eichstätt.

Römer, sanfte Hügel und bierbarockes Elysium: Der TwJ-Connaisseur kennt diese Begriffe als Beschreibung für Quirinalis' filmische Heimat. Ein Ort, dessen Namen im Film nie genannt wird. Doch treffen sie auch in besonderem Maße auf Eichstätt zu. Das Städtchen am Fuße der Willibaldsburg ist, wie der Chronist vielleicht bemerkt, nämlich der Geburtsort des Autors dieser Zeilen. Somit ist die Frage, was Quirinalis im Altmühltal verloren hat, leicht zu beantworten: Er reist zurück zu seinen Wurzeln. Er bekommt: Ein tolles Publikum, eine aufregende Woche. "Tage wie Jahre" läuft im Filmstudio im Alten Stadttheater, direkt am barocken Residenzplatz, der so aussieht, als könnte es eine Freilichtbühne für "Kabale und Liebe" sein. Jeden Augenblick erwarte ich, dass Sekretär Wurm durch den Portikus tritt. Doch statt seiner erscheint Quirinalis alias Laubi auf einem Fahrrad (die Ironie der Wortkombination "Laubi" und "Fahrrad" erschließt sich wohl nur dem, der die Dreharbeiten am Weltenburger Berg beobachten durfte), was mir dann am Ende doch lieber ist, als die Hofkamarilla des Herrn Präsidenten von Walter. Es ist mein letzter Tag hier in Eichstätt und einmal mehr macht sich etwas Wehmut breit, als ich nach einer letzten Stärkung in der "Trompete" den Weg durch das winterliche Altmühltal nach Hause antrete.

Gastspiel unterm Gasometer. "Tage wie Jahre" in Kelheim.

Die Reise geht weiter, wenn auch nicht weit. Der nächste Spielort von "Tage wie Jahre" ist dann auch gleich ein weiterer Drehort: Kelheim, an der Donau, zu Füßen jenes bavarohellenischen Freiheitsmonuments, das Quirinalis den "ludovizianischen Gasometer" nennt (eine Majestätsbeleidigung, die nicht jedem Zuschauer gefiel). Als wir auf dem nächtlichen Ludwigsplatz stehen, und die Befreiungshalle so markant vom Michelsberg herunterleuchtet, frage ich mich, wie viele Kelheimer wir damals wohl aufgeweckt haben, mit unserem martialischen Gebrüll. Etwa ein Jahr ist es her und die Kälte war damals wie heute, und so angenehm wie Mucius Scaevolas Hand in Porsennas Feuerkelch. Doch die Wunden von einst sind verheilt und wir strecken unsere Beine dreist unter den Sitz des Vordermannes, werfen sein Pilsfläschchen um und lassen das Trio ein weiteres Mal die Via Triumphalis entlanggehen. Und danach macht uns Michael zur Feier des Tages noch einen König-Ludwig-Teller. Trotz Sherry-Diät. Vae victis...

Quirinalis ante portas! "Tage wie Jahre" in Abensberg.

Ubi bene, ibi patria. Home is, where the heart is. Genau ein Jahr nach Dreh kehrte "Tage wie Jahre" zurück zu den Wurzeln. Endlich wieder in Abensberg. Am Anfang stand eine Teampremiere mit einer charmanten Feier im ehrwürdigen Hof des Karmelitenklosters. Diese Gartengesellschaft feierte derart stilvoll, dass selbst Sir Anthony Eden darin wie ein britischer Hooligan gewirkt hätte. Ubi Bene, ibi cervisia. Der Premierenvorstellung in der Babonenstadt folgte dann eine außergewöhnlich gut besuchte Woche im Roxy Kino, mit mehr als 1200 Zuschauern. Ein vielversprechender Auftakt für die anstehende Kinotour. Und Abensberg präsentierte sich einmal mehr als charmanter Gastgeber. Ante Romam Abensberg stetit annis mille trecentis.

Auf eine Bratwurst nach Bayerisch-Sibirien: Premiere in Hof

Zwischen jenen sanften Hügeln, wo die Saale eine Biegung beschreibt, wo einst die Hegemonie des Atlantikpaktes in den Ausläufern des Vogtlandes verebbte, liegt der Ort, von dem der müde Sänger kündet. Bierpaläste und Bratwurststände. Die größte der kleinen Inseln zwischen jenen Meridianen, wo Ulbricht einst eine Mauer baute. Und mittendrin: Drei Produzenten und vier Omschberger. Wir. Hof empfing uns kühl und regnerisch, doch der Charme der Klassenfahrt durchdrang die Wolken in Bayerisch-Sibirien. Die Gespräche defilierten munter zwischen Realpolitik und Revolution hin und her, die Bratwurst/Sherry-Diät wurde entwickelt, und August der Starke (auch bekannt als Josus der Mächtige) entdeckte seine Vorliebe für Prinzessinnenschnitzel. Bayern schlug Magaths Millionentruppe 4:2 and behold! Tage wie Jahre hatte seine Premiere. Und so gab es so manches Wiedersehen mit alten und neuen Bekannten, bevor man schließlich abends, in weißes Leinen gehüllt, an der Heizung einschlief. Die Erinnerung ist das einzige Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können. Sagt der lokale Heros Jean Paul. Klingt fast wie Proust. Also kaufen wir uns noch eine letzte fränkische Bratwurst mit Senf und benutzen sie als Madeleine. Adieu.

Am Ende der Tage wie Jahre. Ein Panegyrikus.

Quiriten, Freunde, Bürger Roms! Vor genau zehn Jahren posierte dieser pubertäre Angeber in Westminster. Langsam beginnt nun auch für "Tage wie Jahre" schon die Zeit der Jahrestage. Der alte Madeleineknabberer vom Boulevard Haussmann möge mir verzeihen, wenn ich ihn ungenau zitiere, aber wenn der beste Teil unserer Erinnerungen, wie er sagt, außerhalb von uns ist (ich glaube, er spricht von Wind und Kaminfeuer), dann kann ich dieser Memorabilia-Revue jetzt also noch etwas ganz besonderes hinzufügen. Der beste Teil meiner Erinnerungen ist jetzt nicht mehr nur an Orten, in Winden und Kaminfeuern, sondern steckt jetzt also auch in einem Film, der meine eigenen Erinnerungen panegyrisch verklärt. Das ist wahrlich ein Privileg. Dafür möchte ich allen danken, die bei der Entstehung von "Tage wie Jahre" mitgewirkt haben und so meine filmische Selbsttherapie ermöglicht haben. Habet enim praeteriti doloris secura recordatio delectationem. Vale.

Madeleine mit Obatzda. Eine nostalgische Kaffeefahrt.

Treue und aufmerksame Leser dieses Blogs mögen beim Autor dieser Zeilen vielleicht bereits einen schlecht versteckten Hang zur Nostalgie ausgemacht haben. Nun, das ist kein Geheimnis. Ein kalendarisches Jubiläum sowie die Wärme der letzten Sommertage erweckte dann sogar in den beiden nüchternen Zahlenjongleuren Dr. Max Frauenknecht und Benedikt Böllhoff (FDP) das Verlangen nach einer romantisch verbrämten Wanderung auf den eigenen Spuren (blumige Ausschmückung im Dienste der Verständlichkeit/Anm.d.Red.). Und so trafen wir uns da, wo einst alles seinen Anfang nahm: Im Biergarten natürlich. Die Kaffeefahrt begann auf Abensbergs Stadtplatz, sozusagen der guten Stube der Produktion, dann schipperten wir den Großen Strom hinauf. Kaperten einen Donaudampfer, grüßten devot aus der Ferne die Befreiungshalle, rauchten auf dem Eichberg in teenagerhafter Momentverklärung eine Zigarette und setzten schließlich, wie einst der gute und müde Joker, mit der Fähre von Hienheim nach Eining über. Dort tunkten wir unsere Madeleines tief in orangenen Biergartenkäse und ließen die Erinnerungen aus unseren Humpen aufsteigen, effektvoll in Szene gesetzt von der untergehenden Sonne und Zigarrenqualm aus Havanna. Und vielleicht werden wir, wenn wir eines Tages als Notare, Nudelprokuristen oder Aufsichtsräte auf jene Zeit zurückblicken, über die nostalgischen Schwärmer von damals lächeln. Oder nicht?